
Halbzeit am Generalkapitel in Turin
Turin-Valdocco, den 16.03.2025
Liebe Mitbrüder, liebe Don-Bosco-Familie,
wir sind bei der Halbzeit des Generalkapitels angelangt und in dieser Arbeitswoche wurden mehrere Entscheidungen getroffen. Ein Themenbereich waren die Regionen, in die die über 90 Salesianerprovinzen aufgeteilt sind.
Da in Afrika die Zahl der Salesianer Don Boscos schnell wächst und laufend neue Häuser und Provinzen entstehen, wurde Afrika-Madagaskar nun in zwei Regionen unterteilt. Das hat die direkte Konsequenz, dass bei den Wahlen übernächste Woche zwei Regionalräte zu wählen sind. Somit ist die Ordensgemeinschaft nun in acht Regionen unterteilt, jeweils zwei in Amerika, Europa, Afrika und Asien-Ozeanien.
Auf eigenen Wunsch und mit Zustimmung der Kapitulare wechselt Kroatien von der Region Europa Zentrum-Nord in die Mittelmeer-Region mit Italien, Spanien, Portugal und Mittlerer Orient. Ein weiterer Beschluss besagt, dass die Generalleitung die Regionalräte mit entsprechenden personellen und materiellen Ressourcen auszustatten hat, damit diese gut arbeiten können. In Europa soll die Zusammenarbeit zwischen den beiden Regionen weiter intensiviert werden.
Interessant zu erwähnen ist, wie es zu Entscheidungen kommt. Das vorliegende Arbeitsdokument ist die Grundlage für den Austausch in den Kommissionen nach Sprachgruppen. Hier werden Vorschläge formuliert, die dann im Plenum aller 227 Kapitulare diskutiert werden, von denen wiederum 220 ein Stimmrecht haben. Alle sind berechtigt, den eigenen Standpunkt in Redebeiträgen von maximal fünf Minuten zu verdeutlichen. Danach formuliert eine Redaktionskommission daraus konkrete Anträge. Vorläufige Abstimmungen ergeben ein Stimmungsbild, ob eine Mehrheit erreicht wird, und es können noch Änderungsvorschläge gemacht werden. Anpassungen der Konstitutionen benötigen eine Zweidrittelmehrheit, andere Anträge eine absolute Mehrheit, also 50 Prozent plus eine Stimme. Das Generalkapitel ist das höchste Gremium des Ordens und es ist schön zu erleben, wie in einem wirklich brüderlichen Stil Lösungen gesucht werden, ja manchmal um Kompromisse gerungen wird.
P. Peter Rinderer SDB und Provinzial P. Siegfried M. Kettner SDB
Welche Entscheidungen wurden noch getroffen? An der Zusammensetzung der Generalleitung mit Generalräten für bestimmte Bereiche ändert sich nichts, auch wenn darüber intensiv diskutiert wurde. Die Generalleitung wurde beauftragt, die Zusammenarbeit zwischen den Generalräten zu fördern, einzelne Initiativen besser abzustimmen und regelmäßig zu evaluieren. Ein erster Schritt in diese Richtung ist ein Direktorium des Generalrats, das 2024 entwickelt wurde.
Eine weitere Entscheidung fiel zur Frage, ob Salesianerbrüder in Zukunft innerhalb der Gemeinschaften Leitungsverantwortung übernehmen können. Papst Franziskus hat nämlich 2022 allen Orden dazu die Möglichkeit eröffnet. Es wurde mit großer Mehrheit entschieden, dass Brüder in Zukunft das Direktorenamt in Hausgemeinschaften übernehmen können. Die Möglichkeit gilt probeweise, die entsprechenden Änderungen der Konstitutionen und in anderen Dokumenten erfolgt dann eventuell beim nächsten Generalkapitel.
Einen ganz besonderen Ausflug hatte ich mit 120 anderen Kapitularen an diesem Sonntag. Wir fuhren nach Genua, wo Don Bosco im November 1875, also vor 150 Jahren, zehn junge Salesianer am Hafen segnete und verabschiedete. Diese Gruppe der ersten Missionsaussendung brach nach Argentinien ins Ungewisse auf. Nur durch diesen Mut und dieses Gottvertrauen sind die Salesianer Don Boscos heute eine weltweite Gemeinschaft zum Wohle junger Menschen.
In Genua fuhren wir mit einem Schiff zum großen Leuchtturm und gedachten dabei der ersten und vielen weiteren Missionsaussendungen von Salesianern und Don Bosco Schwestern vom Hafen in Genua in die ganze Welt. Danach besichtigten wir die Stadt und feierten die Sonntagsmesse mit Kardinal Angelo Bagnasco in der Kathedrale San Siro. Er bedankte sich für den missionarischen Eifer und den pädagogischen Einsatz der Don-Bosco-Familie. Im Salesianerhaus im Stadtteil Sampierdarena, das 1872 von Don Bosco gegründet wurde, gab es dann das Mittagessen und anschließend eine Hausführung. Dort gibt es heute eine Grund- und Mittelschule, ein Berufsausbildungszentrum, eine Pfarre, ein Oratorium, eine Wohngruppe für minderjährige Geflüchtete und seit kurzem ein „Museum der Missionsaussendungen“.
Ich nehme erstmalig an einem Generalkapitel teil und so ist es für mich sehr beeindruckend, jeden Tag mit Salesianern aus anderen Ländern ins Gespräch zu kommen. Bei den persönlichen Gesprächen bei den Mahlzeiten und im Austausch in den Kleingruppen wird deutlich, wie vielfältig die Lebenswirklichkeiten und kulturellen Prägungen sind. Trotz alledem haben wir etwas Verbindendes und das ist das Evangelium, die Nachfolge Christi und den Geist Don Boscos. Das Generalkapitel hat die wichtige Aufgabe, die Einheit in der Vielfalt zu wahren.
P. Peter Rinderer
Delegierter GK29