Zeit nach Ebola wird noch schlimmer

Salesianerbruder Mayer: "Würden Waffen geliefert, ginge es viel schneller als bei der Rettung von Menschenleben."
Salesianerbruder Günter Mayer war auf Besuch in Wien.

Vor bisher unvorhersehbaren Folgen der aktuellen Ebola-Epidemie hat der Finanzverantwortliche des Salesianerordens für die englischsprachigen Länder Westafrikas, Günter Mayer, gewarnt. "Die Zeit nach Ebola wird für die Region noch schlimmer als sie jetzt schon ist", so der aus Hörsching (Oberösterreich) stammende Ordensbruder.

Er verwies auf den Zusammenbruch tragender Gesellschaftsstrukturen in den betroffenen Ländern. Die internationale Gemeinschaft rief Mayer auf, Versäumnisse in der Ebola-Hilfe für die Region nachzuholen. "Ebola ist keine afrikanische Krankheit, sie betrifft die ganze Welt", betonte Mayer, der auf Einladung des Hilfswerks "Jugend Eine Welt" in Wien war.

Schon jetzt habe die Seuche, die mit täglich 80 Neuinfektionen alleine in Sierra Leone weiterhin außer Kontrolle sei, den Gesundheits- und Sozialbereich, die Wirtschaft und das Schulsystem zusammenbrechen lassen. "Viele haben infolge der Epidemie ihre Arbeit verloren. Die Menschen gehen auf Distanz zueinander, alle Krankheiten sind stigmatisiert und die Angst geht um, schon bei Fieber in einer Isolationszelle zu landen", berichtete der Ordensmann über die Erfahrungen vor Ort. Tote würden heimlich auf die Straße gelegt, "oft vor den Kirchen, wobei die Leiche meist erst nach Stunden abgeholt wird". Auch nicht direkt betroffene Nachbarländer bekämen dies zu spüren, etwa im Tourismus und durch Absagen von Großveranstaltungen.

Zwar sei die internationale Hilfe angelaufen, doch reiche diese bei weitem nicht aus, so Mayer. Dringend nötig sei vor allem medizinische Versorgung, angefangen beim Fachpersonal: Etliche Spitäler mussten nach dem Tod von mittlerweile mehr als 180 Ärzten und Pflegekräften schließen. In Sierra Leone gebe es derzeit nur 800 Ebola-Betten für 5.000 Infizierte, sowie ein einziges Labor für Medikamententests. Der internationalen Gemeinschaft warf der Salesianerbruder Trägheit sowie falsche Prioritäten vor: "Würden Waffen geliefert, ginge es viel schneller als bei der Rettung von Menschenleben."

Am meisten betroffen sind Kinder und Arme
Neben den Ärzten gehören zu den am meisten von Ebola betroffenen Gruppen laut Mayer auch Kinder - "sie bewegen sich viel, sind schwer zu kontrollieren" - sowie die ärmsten Menschen: "Sie leben in den Slums auf engstem Raum, ohne schützende Distanz." Beiden Hauptrisikogruppen widmet sich der Orden der Salesianer Don Boscos seit eh und je. Seit Juli tut er dies u.a. mit Kampagnen, die Bedürftige mit Lebensmitteln sowie Hygiene- und Desinfektionsmaterial versorgen; es werden auch Saatgut und Handwerkszeug an bereits 20.000 Familien verteilt und über die Epidemie und Schutzmaßnahmen informiert.

Als Stützpunkte dafür wurden dazu die Schulen des Ordens in Sierra Leone und Libera umfunktioniert, in denen es ohnehin keinen Unterricht mehr gibt. Mayer: "Alle Schulen sind geschlossen.
Erkrankt ein Kind an Ebola, wäre das Risiko viel zu groß, schließlich treten die Symptome erst nach zwei bis drei Wochen auf."

Eine Schule nahe Sierra Leones Hauptstadt Freetown wurde zum Waisenhaus für derzeit rund 50 Kinder, die durch das Virus beide Eltern verloren haben. Sie erhalten hier Unterkunft, Essen, ein Freizeitprogramm und medizinische Unterstützung. Ebola ist auch hier präsent: "Alle drei Stunden wird Fieber gemessen, im Verdachtsfall folgt sofort Isolation", schilderte der Ordensmann.

Für die Zukunft stellt sich der Salesianerorden bereits auf ein langes Andauern der derzeitigen Krise ein. "Derzeit sieht es noch nicht danach aus, als könnten die Schulen schon im Sommer 2015 wieder geöffnet werden", so Mayer. Vorbereitungen liefen derzeit auf eine Umstellung auf Fernunterricht, bei dem Boten die Schüler mit Lernmaterialien versorgen, diese ausgefüllt wieder abholen und einem Lehrer bringen, der sie korrigiert. Auch ein Lernsystem über Radio sei in Überlegung.

(KAP)

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