"Junge Menschen in schwierigen Zeiten nicht zurücklassen"
Der junge Salesianer Christoph Salinger verbringt gerade sein Auslands-Praxissemester in Dublin und arbeitet in der stationären Jugendhilfe. Im Interview mit der Katholischen Stiftungshochschule in Benediktbeuern erzählt er wie es ihm fernab von zuhause geht und wie sein momentaner Alltag in Corona – Zeiten aussieht.
Christoph, wie geht es dir?
Trotz der weltweiten Pandemie geht es mir in Dublin sehr gut. Ich fühle mich sicher und freue mich diese spannende Zeit hier verbringen zu können.
Seit wann bist du schon in Dublin und wie lange dauert dein Auslandsaufenthalt?
Ich bin am 24. Februar nach Irland gereist, also nur wenige Tage bevor die Pandemie, durch die Maßnahmen der Regierungen richtig spürbar wurde. Mein Praktikum dauert bis Ende Juli und dann wollte ich mir noch zwei Wochen Zeit nehmen, um die „grüne Insel“ zu entdecken und möglichst viel zu sehen. Nun hat sich die Situation ja bekanntlich verändert und wir werden sehen, ob ich im August oder doch erst im September zurück nach Deutschland kommen kann.
Wo arbeitest du während deiner Zeit in Dublin und wie sieht dein Alltag dort aus?
Ich arbeite im Bereich der stationären Jugendhilfe,in der Organisation „Don-Bosco-Care“, einem Projekt der Salesianer Don Boscos. Die Salesianer betreiben hier fünf Wohngruppen für Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren Eltern leben können. Viele von ihnen haben psychische oder physische Gewalt erlebt und ihr Zuhause stellte sich nicht mehr als sicheres Umfeld dar. Bei uns bekommen sie ein „neues“ Zuhause. Wir versuchen Ihnen zu vermitteln, dass sie wertvolle Menschen sind, dass sie geliebt werden und nicht allein sind. Wir sind für sie da!
Außerhalb dieser „Coronakrise“ begleiten wir unsere Jugendlichen zur Schule, zum Arzt, zum Einkaufen. Wir kochen und spielen gemeinsam. Wir unterstützen bei den Hausaufgaben und Prüfungsvorbereitungen. Wir spielen Fußball und führen Gespräche über Gott und die Welt. Wir waschen Wäsche, putzen das Haus und organisieren alles was unsere Jungs brauchen.
Warum hast du dich dazu entschieden trotz der Corona-Ausbreitung in Irland zu bleiben?
Unsere Jungs können aus dieser Situation nicht ausbrechen. Sie müssen da durch, also begleiten wir sie dabei. Ich möchte gerade in dieser Zeit für sie da sein und hoffe, dass sie eines Tages erkennen können, wie wertvoll es ist Menschen zu haben, die einen in schwierigen Zeiten nicht zurücklassen.
An der KSH wird dieses Semester nur in Fernlehre unterrichtet, viele Einrichtungen sind geschlossen, Veranstaltungen abgesagt. Wie ist die Situation in Dublin und was bedeutet das für dich persönlich?
Ich hatte mich darauf gefreut einige Vorlesungen am Trinity College besuchen zu können, aber die Schulen und Universitäten wurden relativ schnell geschlossen. Die Regierung hat nach der Verlängerung des Lockdowns einige Lockerungen für die nächsten Wochen angekündigt, aber die Zahlen steigen bisher weiter an.
Die Straßen sind ohne die zahlreichen Touristen zwar nicht „ausgestorben“, aber deutlich leerer. Es ist eine spannende Erfahrung Dublin so ruhig und irgendwie „natürlich“ zu erleben. Die Hektik ist spürbar verschwunden.
Kannst du der momentanen Situation auch etwas Gutes abgewinnen?
Meine Sprachkenntnisse profitieren sehr von der Entscheidung hier zu bleiben. Außerdem habe ich noch nie in meinem Leben so viel gekocht, wie in diesen Monaten mit den Jungs. Dies wirkt sich auch auf meine Kochkünste positiv aus. Durch die innere Ruhe, die sich in der Bevölkerung langsam eingeschlichen hat, kommen oft ganz tolle Gespräche zustande. Immerhin sind die Iren bekannt für ihr „Storytelling“. Man sagt: „Geschichten zu erzählen ist die nationale Kunstform Irlands“
(KSH Benediktbeuern/red)