Der „Don Bosco von heute“ ist 80

Freunde und Wegbegleiter, Schicksalsgefährten aus Bruck, Vertreter des Salesianerordens, Verwandte aus Budapest und die ganze Pfarre Inzersdorf-Neustift haben am 20. September Pater Alois Sághy gefeiert. Der am 17. August 1935 in Bruck an der Donau (heute Slowakei) geborene Priester, der sich bis heute als „Lehrlingsseelsorger“ sieht und nach Stationen als Kaplan, Lehrlingsheim-Direktor und Arbeiterjugend-Seelsorger in Graz sowie als Pfarrer und Dechant von Inzersdorf-Neustift (23. Wiener Gemeindebezirk) hier auch heute noch als Pfarradministrator wirkt, hat stets den Kontakt und die Mitmenschlichkeit gelebt: Das würdigte der Grazer Caritas-Direktor Franz Küberl, der dem Jubilar seit der gemeinsamen Zeit in der katholischen Arbeiterjugend freundschaftlich verbunden ist und nun die Festpredigt hielt.
Küberls „Gedankenstriche“ begannen bei dem 1945 in Wien gelandeten „Flüchtlingsbuben“ aus Bruck, der bei Fußball, Tischtennis und Schach, beim Ministrieren und in der Jungschar sein „Lebensfundament“ im Hof der Salesianer in Wien-Neuerdberg kennengelernt habe: „Bei Don Bosco, diesem Heiligen, der die Jugendlichen zusammengeholt hat und zuerst Geborgenheit und Anerkennung durch ihre Person vermittelt und ihre Bedürfnisse gesehen hat.“ Nur logisch sei es gewesen, dass Sághy dann Salesianer werden wollte. Im Aufnahmeformular für das Spätberufenenseminar in Unterwaltersdorf gab er an, er wolle „Weltpriester“ und nicht Ordenspriester werden. Küberl: „Eine gescheite Definition von Salesianern – das sind Weltpriester. Sie sind nicht in einem verstaubten Kloster.“
Don Boscos soziales Anliegen wird in Inzersdorf-Neustift bis heute sehr gut gelebt, zitierte Küberl den Liesinger Bezirksvorsteher Gerald Bischof, der sich unlängst auf diese Weise über das Jugendzentrum „Come in“ und das Flüchtlings-Jugendwohnheim „Abraham“ geäußert hatte. Treibender Motor dahinter war Alois Sághy, der wollte, „dass die jungen Leute die Strukturen der Gesellschaft kennen, bewältigen, sie lebenswert gestalten und mit Leben füllen“. Er habe dafür Don Boscos pädagogischen Ansatz – des Gleichgewichts von Religion und Vernunft sowie von Liebenswürdigkeit und Respekt („Amorevolezza“) - verbunden mit den Prinzipien des Arbeiterjugend-Gründers Kardinal Joseph Chardin, von dem der Spruch stammt: „Jeder junge Arbeiter ist mehr wert als alles Gold der Erde.“
Kontakt zu Jugendlichen keine Altersfrage
Um das umzusetzen, ist Sághy an jeder Lebensstation jungen Menschen offen begegnet und hat auch im reiferen Alter fast täglich das Jugendzentrum besucht, denn: „Sich mit jungen Menschen zu beschäftigen, ist keine Frage des Alters, sondern der Gesinnung, Kapazität und Einstellung“, stellte Küberl fest. Sághys „unheimliche Qualitäten“ dabei: Enorme Zuhörkapazität, Fragen stellen und das Gegenüber erzählen lassen, Vertrauen in die jungen Menschen, das Entdecken des Guten, der Talente und Kapazitäten in ihnen - sowie auch die Fähigkeit, als Geistlicher Laien Verantwortung zu geben und ihnen treu und solidarisch zu sein. Dass man „etwas mit dem Menschen unternimmt, ihm zur Seite steht und mit ihm nach vorne geht“, beantworte die Sehnsucht nach Geborgenheit und unbedingter Bejahung und lasse „tragenden, durchgehenden Sinn im Leben“ entstehen, so Küberl.
Als „Glaubensstärke“ des Jubilars bezeichnete der Caritasdirektor dessen „Mitmenschlichkeitsfundament“ und die Fähigkeit, trotz schwieriger Vergangenheit – des Flüchtlingsschicksals – nach vorne zu schauen: Die stets gepflegte Verbundenheit mit der verlorenen Heimat Bruck an der Donau habe er außer durch die Pflege der Gemeinschaft der „Brucker“ über die Jahrzehnte ebenso durch großes Engagement zugunsten anderer auf der Flucht beantwortet. So konnte bereits 2003 das „Don Bosco Flüchtlingswerk“ seinen Ausgang in Inzersdorf nehmen, und auch das „Requiem“ für die Todesopfer an der EU-Außengrenze am 14. Juni 2014 habe hier schon „ein gutes Jahr früher als andere Gottesdienste“ stattgefunden, würdigte Küberl. Immer habe Pater Sághy zu den Schwächeren gehalten – „sparsam in den Worten, und ohne es je an die große Glocke zu hängen, aber in exzellent durchdachten Taten“.
Face to Face statt facebook
„Unsere Begegnung ist kein Zufall“, so lautet sein von Don Bosco stammendes Leitmotiv. Menschen sollten sich von Angesicht zu Angesicht begegnen können, der Beziehung und dem Kontakt Vorrang geben: „Face to face statt facebook“. Küberl dazu: „Jeder, der der Kontaktbombe Alois schon begegnet ist, hat erlebt, was persönliche Begegnung bedeutet, dass aus jeder Begegnung etwas entstehen kann: Ein berührender Gedanke, eine Stärkung in einer heiklen Situation, eine Verbindlichkeit für die Zukunft, eine starke Erinnerung oder ein Moment des Angenommenseins wie man ist statt wie man sein soll.“ Mit ungeheurer Schubkraft habe Saghy diesem Kernmoment des Christseins - dem Nächsten Nächster zu sein - verwirklicht und so viele Menschen und auch den Salesianerorden reicher gemacht.
Dank dafür sprach im Namen der Ordensprovinz Pater Rudolf Osanger aus: „Du prägst durch dein So-Sein viele Menschen, die ganze Pfarre und sogar Caritasdirektoren“, so der frühere Salesianerprovinzial, der nochmals seine Personenorientierung hervorhob: „Die Menschen, denen du begegnest, sind für dich die wichtigsten Menschen. Du bist für sie ganz da, hier und jetzt.“ Dass Pater Alois stets Antworten auf aktuelle Probleme suche und gebe, mache ihm Don Bosco ähnlich, ebenso wie auch die klare Lebensorientierung am Evangelium. „Du bist wie ein Don Bosco der heutigen Zeit – der klar macht, was es bedeutet, heute in seinem Geist zu arbeiten“, so Osanger.
Hannes Pernsteiner