Authentische Gottsucher
500 Jahre lang war das Verhältnis zwischen den christlichen Konfessionen ein gespanntes. Das Reformationsjubiläum 2017 ist das erste nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das erste in einer globalisierten Welt und das erste, das mit einer Haltung der Brüderlichkeit und Versöhnung in echter Ökumene gefeiert wird.
Während die Vorsitzenden der evangelischen und katholischen Bischofskonferenz Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx in Hildesheim zusammen einen Versöhnungsgottesdienst mit historischem Charakter zelebrierten, war auch die Ausbildungsgemeinschaft der Salesianer am Wochenende vom 10. bis 12. März im Geist der Ökumene auf den Spuren Luthers unterwegs.
Am Freitagabend waren die 16 jungen Salesianer in Ausbildung aus Deutschland und Österreich in Heiligenstadt eingetroffen, wo sie von der Mitbrüdergemeinschaft empfangen wurden und zunächst die Arbeit und das beeindruckende soziale Netzwerk der Villa Lampe kennen lernten, Anlaufpunkt für eine Vielzahl Jugendlicher in prekären Lebenslagen, die Orientierung und Menschlichkeit suchen und dort Hilfe und Begleitung erfahren.
Der Samstag stand ganz im Zeichen der Ökumene. Am Vormittag besuchten die jungen Ordensmänner in Ausbildung, begleitet von Pater Reinhard Gesing und Pater Andreas Kühne das ehemalige Augustinerkloster in Erfurt, in dem damals der Student Martin Luther Mönch wurde und seinen Ausbildungsweg begann, auf dem er immer mehr Gott suchen wollte. Nach einem ökumenischen Mittagsgebet zusammen mit lutheranischen Pfarrern aus der ganzen Welt, ging es für die Salesianer in den Erfurter Dom, bevor ihr Weg sie am Nachmittag und Abend nach Volkenroda führte, einem ehemaligen Zisterzienserkloster, heute Ort der ökumenischen Jesus-Bruderschaft. Zölibatär lebende Brüder und Schwestern gestalten dort zusammen mit Familien das Gemeinschaftsleben im Geist Jesu. Auf dem Klostergelände befindet sich auch der Jesus-Pavillon, der ursprünglich für die Expo 2000 gebaut wurde. Er öffnet durch seine innovative Architektur einen besonderen Raum der Stille und Gottesbegegnung, der auch viele kirchenferne Menschen anspricht.
Am Samstagabend waren die Salesianer eingeladen zur „Begrüßung des Sonntags“, einem in jüdischer Tradition wurzelnden Ritus, den die Jesus-Bruderschaft für sich entdeckt hat. Dabei wird eine Kerze entzündet, Brot und Wein geteilt, gesungen, gebetet und in fröhlicher Runde zu Abend gegessen. 150 Personen waren an diesem Abend zu Gast, eine insgesamt sehr bunte christliche Gruppe, die einen wirklich bereichernden Dialog möglich machte.
Die jungen Salesianer haben am Wochenende Persönlichkeiten begegnen dürfen, die eine echte Ökumene leben und selbst authentische Gottsucher sind, mit einem großen Gespür für die Realität der Menschen heute.
Abgeschlossen wurde die Tagung am Sonntag mit einem Vortrag von P. Gesing zur Rolle Don Boscos in der Auseinandersetzung mit anderen Konfessionen im 19. Jahrhundert. Don Bosco selbst hatte mit seiner ultramontanen Theologie den Protestanten und vor allem Luther gegenüber große Vorbehalte. Das ist unter anderem im Kontext der soziopolitischen Umstände des 19. Jahrhunderts zu verstehen und erfordert einen kritischen und dezidierten Blick. Der Salesianer heute allerdings, wenn er der Kirche und dem Geist Don Boscos treu ist, muss durch und durch ein Ökumeniker sein. Er muss offen einen Weg mit der ganzen Menschheitsfamilie gehen und bereit sein mit allen zusammen am Frieden und der Gerechtigkeit in der Welt zu bauen. Alle Christen sind heute aufgerufen die Liebe Gottes spürbar werden zu lassen.
(Josua Schwab/red)