Abschied von Schwester Christine Stockinger †
ICH BIN DA
„Gott sandte den Geist seines Sohnes in unser Herz,
den Geist der ruft: Abba, Vater.“ (Gal 4,6)
Gott, Ihr guter Abba-Vater, holte
Sr. Christine Stockinger
am Sonntag, den 18. September 2016, im Jahr der Barmherzigkeit, um 8:15 Uhr in der Gemeinschaft der Don Bosco Schwestern Vöcklabruck Sacro Cuore zu sich in Seine barmherzige Liebe.
Sr. Christine wurde am 9. März 1934 in Seitenstetten (Niederösterreich) geboren und durfte, wie sie selbst in ihren Aufzeichnungen schreibt, eine schöne Kindheit in der Geborgenheit ihrer Familie erleben. Sie waren sechs Kinder – drei Buben und drei Mädchen –, sie selbst hatte einen Zwillingsbruder. Ihr Vater Karl Stockinger war Zimmermann und Polier, ihre Mutter Maria war Schneiderin. Zwischen ihrem 14. und 22. Lebensjahr erledigte sie den Haushalt für die Familie und pflegte ihre herzkranke Mutter. Von ihr, so schreibt sie, hat sie Lieben, Beten und Gutsein gelernt: „Sie hat alles verschenkt, obwohl wir selber so wenig hatten.“ Den Glauben und das Durchhalten hat sie von ihrem guten, treuen Vater gelernt: „Er hat mich sehr geliebt, weil ich immer die Schwächere in der Familie war. Er war mir immer eine große Stütze und Hilfe. Wir mussten neun Kilometer zur Schule gehen. Im Winter ist mein Vater mir immer vorausgegangen und hat mir die Schultasche getragen, damit ich nicht im Schnee versinke. Im Sommer hat er mich mit dem Rad in die Schule gebracht, mich vorne auf die Stange gesetzt.“
Ihr erstes Weggehen von Zuhause, so Sr. Christine, war ein Krankenhausaufenthalt, bei dem sie großes Heimweh quälte. Die Stationsschwester, eine Ordensschwester, bemerkte das und schenkte ihr besonders liebevolle Aufmerksamkeit: „Durch ihr strahlendes Vorbild dachte ich mir: So eine Schwester will ich auch einmal werden.“
Ihre geistliche Begleitung erfuhr Sr. Christine schon als Kind und vor allem als Mädchen durch das Benediktiner-Stift Seitenstetten. Mit 18 Jahren begann sie mit P. Raphael eine Jungschar-Gruppe, da sie Kinder gern hatte. Sie träumte auch immer von der Mission. Im Stift Seitenstetten hörte sie einmal einen Vortrag von einem Steyler Missionar über Damian de Veuster, der sie begeisterte. So fuhr sie mit ihrer Schwester nach Stockerau zu den Steyler Missionarinnen, bei denen sie sich sofort anmeldete. Als ihr Vater den Folder über den Orden, den sie dort bekam, gesehen hatte, meinte er, in einen Orden, in dem sie nicht mehr nach Hause kommen dürfe, solle sie nicht eintreten. Daraufhin erfuhr sie in Amstetten von ihrem Beichtvater P. Anton Prihoda SDB, dass es auch Don Bosco Schwestern gibt, die mit der Jugend arbeiten, die auch Mission haben und die ihre Namen behalten dürfen. P. Prihoda rief in Linz an und machte einen Vorstellungstermin für den 8. Dezember 1955 aus. Diese Begegnung Sr. Christines mit den Schwestern in Linz, die mit den Mädchen Völkerball spielten, war ausschlaggebend für sie: „Ich wusste, hier passe ich dazu!“
Da ihre Schwester sich bereit erklärte, zuhause den Haushalt weiterzuführen, konnte Sr. Christine sich für die Ordensberufung entscheiden – letzte Klarheit gab ihr das Schriftwort: „Wer es fassen kann, der fasse es!“ Einen Monat später, am 3. Jänner 1956 trat sie in Stams ein. Am 5. August 1956 erfolgte die Einkleidung in Linz, wo Sr. Christine das Noviziat machte und am 5. August 1958 ihre Erste Profess ablegte. Ihre Ewigen Gelübde machte sie 1964 in Baumkirchen.
Sr. Christine wirkte als Don Bosco Schwestern in allen Häusern, in die sie gesendet wurde, mit Herz und Seele, mit vollem Einsatz und viel Liebe zu den jungen Menschen:
1958 - 1967 Jungschar, Hort, Heimerzieherin und Wäscherin in Linz
1967 - 1973 Heimerzieherin, Hausarbeit und Vikarin in Stams
1973 - 1975 Heimerzieherin in Linz
1975 - 1996 Heimerzieherin in Vöcklabruck, Verantwortliche für die Mission und die Ehemaligen
1996 - 2005 Verantwortliche für die Mission, die Ehemaligen und Hausarbeit in Vöcklabruck
2005 - 2016 Ruhestand und Krankheit in der Gemeinschaft Vöcklabruck Sacro Cuore
Die meiste Zeit ihres Ordenslebens war Sr. Christine als begeisterte Erzieherin in verschiedenen Häusern tätig, ganz im Geist Don Boscos und Maria Mazzarellos. Gern begleitete sie Jugendliche auch auf Fahrten nach Turin und Rom. Mit den Mädchen von Vöcklabruck fuhr sie immer wieder zu den Jugendvespern nach Kremsmünster. Zusammen mit Sr. Barbara Aspalter organisierte sie schöne Ferienwochen in Großraming. In besonders herzlichem Kontakt blieb sie zeit ihres Lebens mit den zahlreichen ehemaligen Internatsschülerinnen. Eine Ehemalige aus Stams erinnert sich heute noch dankbar an den „Abba-Segen“, mit dem Sr. Christine sie und so viele andere Ehemalige täglich segnete.
Sr. Christine war eine begeisterte Don Bosco Schwester und lebte das salesianische Charisma des „Da mihi animas“ mit jeder Faser ihres Herzens. Sie wollte die Liebe des Vaters den Menschen nahebringen. Oft sagte sie: „Gott wird uns am Ende unseres Lebens einmal nur nach der LIEBE fragen.“ Das Wort Gottes, nach dem sie täglich ihr Leben ausrichtete, war ihr eine große Hilfe. Sie liebte ihre Mitschwestern und vor allem die jungen Schwestern, denen sie täglich ihr Gebet, ihren Segen und ihr Wohlwollen schenkte. Immer suchte sie in allen und in allem etwas Positives. Das Gebet um Berufungen war ihr ein besonderes Anliegen. Großen Einsatz leistete sie vor allem auch für die Missionsarbeit von Sr. Hildegard Litzlhammer – sie unterstützte sie jahrelang aus der Heimat durch Spenden und Hilfslieferungen über die MIVA. Dazu fuhr sie auch in Pfarren, wo sie Vorträge hielt über Sr. Hildegards Mission. Mit ihren Verwandten blieb Sr. Christine ebenfalls immer sehr eng und liebevoll verbunden.
Schon vor vielen Jahren erhielt Sr. Christine die Diagnose der Krankheit Chorea Huntington, durch die sie zum Schluss ganz auf die Pflege anderer angewiesen war. Sie trug ihre Krankheit mit großer Geduld und ergeben in Gottes Willen. Wer auch immer sie fragte, wie es ihr geht, dem antwortete sie: „Danke gut!“ Sr. Christine war sehr dankbar für die gute Betreuung durch die Mitschwestern und die Pflege der 24-Stunden-Pflegehelferinnen. Sie hatte keine Angst und überließ sich ganz dem Willen ihres Abbas. Jetzt darf sie für immer in Seinen guten Vater-Händen geborgen sein.
Aus diesem Urvertrauen auf Gott, den Abba, hat Sr. Christine in ihren letzten Lebensjahren gelebt – besonders seit einem Exerzitienkurs mit dem damaligen P. Dr. Alois Kothgasser, heute em. Erzbischof von Salzburg, der seine Predigten ganz auf den Abba-Vater ausrichtet hatte. Am Tag des Heimgangs von Sr. Christine in den Himmel entdeckten ihre Mitschwestern eine Schachtel mit ungefähr hundert an ehemalige Schülerinnen adressierte Briefkuverts, die in diesen Tagen ausgesendet werden. In die Kuverts hat Sr. Christine jeweils ein Blatt mit dem Segen eingelegt, aus dem sie selbst ihre vertrauende Hingabe an Gottes Vaterliebe geschöpft hat: „Dein Abba ruft dich bei deinem Namen. Er weiß, was in dir ist, all dein Fühlen und Denken, deine Stärke und Schwäche. Er sieht dich am Tag deiner Freude und am Tag deiner Trauer. Er nimmt Anteil an deinen Ängsten und Erinnerungen, er umfängt dich und trägt dich in seinen Armen. Er liest in deinen Zügen, ob sie lächeln oder Tränen tragen, ob sie blühen in Gesundheit oder welken in Krankheit. Er schaut zärtlich auf deine Hände und deine Füße. Er horcht auf deine Stimme, das Klopfen deines Herzens und deinen Atem. Abba, du mein guter Vater, du umgibst mich mit deinem Segen.“
(Sr. Maria Maul, Provinzleiterin)
