Provinzkapitel in Benediktbeuern
Benediktbeuern – Was bedeutet ein Leben und Arbeiten im Geiste Don Boscos heute und in den nächsten Jahren? Das vom 20. bis 24. Mai 2013 im oberbayerischen Kloster Benediktbeuern tagende Provinzkapitel der Salesianer Don Boscos hat sich mit dieser und weiteren Fragestellungen beschäftigt und nach möglichen Perspektiven Ausschau gehalten.
Zu Beginn der fünftägigen Ordensversammlung informierte Provinzial Pater Josef Grünner SDB die 61 Delegierten aus rund 30 Ordensniederlassungen in Deutschland und der Schweiz in seinem ausführlichen Bericht über die Lage der Ordensprovinz. Schwerpunkte bildeten hierbei die Themenbereiche Ordensgemeinschaft, die Sendung zur Jugend in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, die wirtschaftlichen Herausforderungen und die für die Arbeit notwendigen Strukturen und Rahmenbedingungen.
Die Salesianer Don Boscos sehen sich in der Nachfolge ihres Ordensgründers, der ein Mystiker im Geiste, ein Prophet der Brüderlichkeit und ein Diener der Jugend war. Dies heute zu leben heißt, in den Freuden und Hoffnungen und Trauer und Ängsten, Nöten und Bedrängnissen junger Menschen die Zeichen und Herausforderungen unserer Zeit und den Anruf des Heiligen Geistes zu erkennen. „Wir sind aufgefordert, heute auch in diesem Sinne junge Menschen ganzheitlich zu begleiten und auf diese Weise Gott zu dienen“, so P. Josef Grünner.
Doch nicht nur nach vorne schauen war angesagt. „Um Zukunft gestalten zu können, ist es wichtig, sich auch mit dem Vergangenen zu beschäftigen, unsere fast hundertjährige Geschichte in Deutschland zu würdigen und darin auch das dunkle Kapitel des Missbrauchs anzunehmen, um in Rückbesinnung auf unseren Ordensgründer Don Bosco mit verstärkten
Maßnahmen der Prävention zukunftsorientiert die Rechte und den Schutz der jungen Menschen zu garantieren“, erklärte der Provinzial.
Als ein Schwerpunkt in der Arbeit mit jungen Menschen hat sich in verschiedenen Einrichtungen in den vergangenen Jahren die Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) entwickelt. Die Zielgruppe der jungen Menschen mit Migrationshintergrund soll in Zukunft noch weiter in den Blick genommen werden. „Junge Migranten brauchen Don Bosco ganz besonders, weil sie zu den am meisten Benachteiligten in unserem Land zählen“, so P. Josef Grünner. In mittlerweile sieben Einrichtungen in Deutschland wurden UMF-Wohngruppen eingerichtet; die Einrichtung Don Bosco Helenenberg trägt in Trier die Clearingstelle für das Land Rheinland-Pfalz.
Auch auf die Arbeit mit minderjährigen Straffälligen wurde in den vergangenen Jahren ein verstärkter Akzent gelegt. In mehreren Einrichtungen werden junge Menschen betreut und begleitet, die aufgrund verschiedener Delikte mit dem Gesetzt in Konflikt geraten sind und Hilfe brauchen. „Mir scheint gerade diese Zielgruppe ganz im Sinne Don Boscos, der seine Arbeit in Turin bekanntlich damit begann, in Jugendgefängnisse zu gehen und junge Menschen, die keine Zukunftschancen hatten, aus ihrer Perspektivlosigkeit herauszuholen“, erinnerte P. Josef Grünner an die Anfänge der Arbeit des großen Jugendapostels.
Eine weitere Zielgruppe, die verstärkt in den Einrichtungen präsent ist und viel Aufmerksamkeit und Betreuung braucht, seien die psychisch kranken Jugendlichen. Aufgrund der Einstellung des Lehrbetriebs des Diplomstudiengangs Theologie der Philosophisch-Theologischen Hochschule zum Ende des Sommersemesters bildete auch die Beschäftigung mit der Niederlassung in Benediktbeuern einen Schwerpunkt beim diesjährigen Provinzkapitel. Eine zukunftsorientierte Entwicklung dieser Einrichtung war den Delegierten ein besonderes Anliegen.
Nach einer eingehenden Information und Diskussion bekräftigte das Provinzkapitel, dass das Kloster Benediktbeuern mit seiner großen Bedeutung für die Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos sowie für Kirche und Gesellschaft auch zukünftig ein geistliches Zentrum und ein salesianischer Ort für Bildung, Begegnung und Kultur besonders für junge Menschen bleiben soll. Verschiedene dringende Aufgaben wie die Sanierung und dauerhafte Erhaltung der Gebäude stellen aber eine besondere Herausforderung dar und bedürfen der Unterstützung. Das Provinzkapitel beauftragte den Provinzial mit seinem Rat in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im Kloster Benediktbeuern diese Fragen anzugehen und innerhalb der nächsten drei Jahre ein umfassendes Konzept zur weiteren Entwicklung zu erstellen.
In Fragen der strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung setzt die Ordensgemeinschaft in den kommenden Jahren noch stärker als bisher auch auf seine angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen eine gute Zusammenarbeit längst Alltag geworden ist. Über 1.600 angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei den Salesianern Don Boscos in Deutschland tätig. „Um das Don-Bosco-Werk in unserer Provinz in eine gute Zukunft zu führen, braucht es passende Strukturen der Leitung und Begleitung. Da gilt es, nach vorne zu denken und neue Formen zu ermöglichen“, so P. Josef Grünner.
Dieses Anliegen wurde von den Kapitularen mit einem besonderen Antrag an das im kommenden Jahr in Rom tagende Generalkapitel des Ordens unterstützt: Es soll zukünftig auch angestellten Mitarbeiter/innen der Zugang zu Leitungspositionen auf Provinzebene möglich werden.
Zusammenfassend und nach vorne blickend rief der Provinzial die Kapitulare auf: „Die Jugendlichen in unserem Land brauchen auch heute Don Bosco als väterlichen Freund. Sie sollen ihn bei uns entdecken. Die Kirche in unserem Land braucht auch heute Don Bosco als fröhlichen Heiligen. Sie soll ihn bei uns finden. Wir selber brauchen auch heute Don Bosco als Bezugspunkt für unser Leben und Handeln. Er soll mitten unter uns sein. Lassen wir uns neu von ihm begeistern“. Die Arbeit der Umsetzung der Beschlüsse beginne zwar jetzt erst richtig, „die Provinz hat sich aber entschlossen, die Herausforderungen anzugehen – für die Jugend“.
Hintergrund
Aktuell gehören insgesamt 296 Mitbrüder zur Deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos. In rund 30 Einrichtungen setzen sie sich zusammen mit rund 1.600 angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter anderem in Bildungs- und Jugendhilfeeinrichtungen, Tagesstätten oder Pfarreien für junge Menschen ein. Der Orden der Salesianer Don Boscos
wurde 1859 vom italienischen Priester und Sozialapostel Johannes Bosco in Turin (Italien) gegründet und zählt heute weltweit rund 16.000 Mitglieder in über 130 Ländern. In Deutschland wirken die Salesianer Don Boscos seit 1916. In Würzburg wurde damals die erste Niederlassung gegründet.