Papstwahl ist kein politisches Spiel
Eine Papstwahl ist für Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga SDB (70) kein politisches Spiel: "Einen Papst zu wählen ist etwas völlig anderes als sich für einen Kandidaten einer politische Partei zu entscheiden", so der Erzbischof von Tegucigalpa (Honduras) und seit 2007 Präsident der Caritas Internationalis zum bevorstehenden Konklave.
Im Konklave stünde nicht das Denken an einen Kandidaten oder parteiische Überlegungen im Vordergrund. "Wir denken an die zentralen Herausforderungen, die zentralen Probleme, die es zu lösen gilt und dann versuchen wir, gestärkt vom Gebet, die dafür am besten geeignete Person für die Kirche zu finden", so Maradiaga am Montag. Er galt schon beim letzten Konklave 2005 als "Papabile".
Die zentrale Herausforderung der Kirche sei die Vermittlung der Glaubensbotschaft, das Näherbringen des Wortes Gottes, vor allem in modernen Kulturen mit der Tendenz zur Ausklammerung und Bestreitung von Gott. Die Kirche müsse sich dem Problem stellen, dass ethische Prinzipien mit dem gesellschaftlichen Verlust des Gottesglaubens selbst brüchig werden. Der neue Papst müsse eine "Person des Glaubens und der Liebe sein mit einem großen Herz, das das menschliche Leid in der heutigen Zeit versteht. Er muss verstehen, dass wir Diener, nicht Könige sind", so der Kardinal aus Honduras gegenüber der US-amerikanischen katholischen Nachrichtenagentur Catholic News Service (CNS).
Auch wenn die katholische Kirche auf dem amerikanischen und afrikanischen Kontinent wachse, sei es bei der Papstwahl nicht vorrangig, welcher Nationalität der künftige Papst angehöre. "Es geht um die grundlegenden Aufgaben der Kirche und um jene Person, die darauf bestmöglich antworten kann, und nicht darum, wer wo geboren wurde", so Maradiaga. Was das Alter der Kandidaten betrifft, so müssten die Kardinäle dieses zwar bei ihren Überlegungen mitberücksichtigen, es sei aber nicht der bestimmende Faktor:
Infolge des Rücktritts von Papst Benedikt XVI. sei der nächste Papst nicht bis zum Tod an das Amt gebunden. "Warum sollte es nicht möglich sein, als Papst für einige Jahre zu dienen und dann zurückzutreten."
Bei der am Montag begonnenen Generalkongregation würden zunächst pragmatische Agenden auf der Tagesordnung stehen. Es gehe zunächst um die Organisation der Sedisvakanz sowie um Klärung des Regelwerkes für das Konklave und die Papstwahl, weshalb auch Experten des kanonischen Rechts an der Zusammenkunft teilnehmen. Auch bei der letzten Papstwahl im Jahr 2005 habe es zunächst breite Diskussionen gegeben, die dann in kleineren Gruppen, entsprechend zu den Kontinenten der Kardinäle, differenziert fortgesetzt worden wären, um die Herausforderungen der einen Weltkirche in der Vielfalt der Regionen besser zu bestimmen, so der Erzbischof aus Tegucigalpa.
"Ich glaube, es wird diesmal genauso ablaufen", so Maradiaga.
(KAP)
Interview
mit Kardinal Rodríguez Maradiaga
Der Salesianerkardinal Oscar Andrés Rodríguez
Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa, ist seit einigen Tagen in Rom, um an der
Generalkongregation der Kardinäle teilzunehmen. Er wird auch am Konklave
teilnehmen, das den Nachfolger Benedikts XVI. wählt. Am 2. März wurde er von
Enzo Romeo, Auslandsreporter für Tg2 (TV-Sender für das RAI2-Netzwerk),
eingeladen. Es folgen Auszüge aus dem Interview.
Eure Eminenz, wird die Anwesenheit eines Papstes Emeritus - zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche - über dem Konklave lasten?
Es ist sicherlich ein einzigartiges Ereignis in der Geschichte, aber ich denke, dass es das wichtigste für uns ist, zu erkennen, dass Benedikt XVI. für uns betet.
Müssen Kardinäle, die, wie Sie selbst von weit her kommen, mehr darüber wissen, was im letzten Jahr innerhalb der Kirche alles passiert ist? Zum Beispiel über den Vatileaks-Fall?
Es wäre notwendig, denn wir sind ein Kollegium und da wir Brüder sind, müssen wir etwas davon wissen, worüber wir aufgrund unserer Entfernung und unserer jeweiligen Arbeit nicht genügend informiert sind.
Was denken Sie - ist es der richtige Moment für einen nichteuropäischen Papst?
Es ist nicht so wichtig, ob er europäisch ist oder nicht, viel mehr hängt es von den großen Herausforderungen ab, denen der neue Papst heute begegnen muss. Wir müssen weniger über die Nationalität nachdenken, als darüber, wer die am meisten geeignete Person ist, diese Herausforderungen zu meistern.
Sie haben im letzten Konklave einige Stimmen erhalten. Wie haben Sie sich gefühlt, als Ihr Name durch die Sixtinischen Kapelle hallte: Zufrieden, besorgt, verwirrt?
Auf jeden Fall ängstlich. Denn kein Mensch möchte die Last tragen, die ein Papst tragen muss. Aber: Wenn der Herr ruft, gibt Er auch die Gnade, diesem Ruf zu folgen.
Sie sind Musiker. Als der Papst sich das letzte Mal mit den Kardinälen getroffen hat, sagte er dem Kardinalskollegium, dass sie wie ein Orchester sein sollen, das die verschiedenen Teile in eine einzige Harmonie verschmelzen lässt. Teilen Sie diese Idee?
Vollkommen, denn sonst wäre die Kirche keine Symphonie, sondern eine Kakophonie.