Doping ist Problem der Gesellschaft
Doping ist nicht nur ein Problem des Spitzensportes, sondern der gesamten Gesellschaft. Darauf wies der scheidende "Olympiakaplan", Pater Bernhard Maier SDB, in einem "Kathpress"-Interview anlässlich seines Rückzugs von der Spitzensportseelsorge hin.
Der Wunsch der Sportler nach bestmöglicher Leistung und Unterstützung zu deren Erlangung sei "verständlich", sie neigten dabei - "so wie wir alle" - zu technokratischen Einfachlösungen, sagte Maier. Es gebe heute für alle Probleme ein Mittel zum Einnehmen, statt sich auszukurieren würden etwa viele zu bloß symptombekämpfenden Medikamenten und Präparaten greifen. Doping "schleicht sich ein" in den Alltag der Gesellschaft, so Maier bei dem Gespräch in den Räumlichkeiten der "Nada Austria", der nationalen Antidoping-Agentur, der Mayer als an der Universität lehrender Sportethiker seit Jahren angehört.
Der 61-jährige Salesianerpater hatte Ende Oktober bekanntgegeben, seine seit 30 Jahren ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit als Seelsorger österreichischer Olympia- und Paralympics-Teams zu beenden. Maier war seit den Winterspielen 1984 in Sarajewo bei 16 Olympischen Wettkämpfen und seit dem Jahr 2000 bei allen "Paralympics" dabei sowie auf Einladung von Fachverbänden auch an zahlreichen Welt- und Europameisterschaften anwesend und erlebte Siege und Niederlagen aus unmittelbarer Nähe.
"doping" und "taufen"
Maier wies im Interview auf einen kuriosen etymologischen Umstand hin: "doping" und "taufen" haben denselben Wortstamm, taufen meine sinngemäß Eintauchen in das Kraftzentrum Christi - "und das ist mit Sicherheit ein regelkonformes Doping".
Ihn beschäftige seit langem die Frage, wie man statt den Glauben an vordergründige oder gar explizit verbotene "Hilfsmittel" einen "echten Glauben" fördern könne - jenen an sich selbst, an natürliche Nahrung, seriöse Trainingsmethoden und Betreuer und durchaus auch an psychologische, "seelsorgliche" Hilfen. "Wie kann man Spitzenathleten davon überzeugen, dass auch ohne Doping und verbotene künstliche Mittel Medaillen zu erreichen sind?", fragte der Ordensmann. Er glaube daran, dass dies möglich sei, auch wenn es dazu unterschiedliche Expertenmeinungen gebe.
Maier sprach sich dafür aus, den Spitzensport nicht auf eine "Jagdgesellschaft nach Medaillen" zu reduzieren. Die Fokussierung nur auf Edelmetall bei Sport-Großveranstaltungen lehne er ab. Die Kritik an den "Misserfolgen" bei den medaillenlosen Spielen in London könne er nicht nachvollziehen, so der Olympiakaplan. Von den 70 österreichischen Athleten seien immerhin zehn Diplomplätze erreicht worden - also Plätze zwischen Rang vier und acht, "eigentlich eine hervorragende Bilanz". Wertzuschätzen seien auch persönliche Bestleistungen oder sogar die Qualifikationsleistung in Sportarten, in denen Österreich aufgrund mangelnder Infrastruktur kaum Chancen auf Spitzenränge habe. Beides sei zu kultivieren, so Maier: der Wettkampf um den Sieg, der zum Sport dazugehöre, wie auch der olympische Gedanke des "Dabeiseins".
Wunsch nach "geordneter Übergabe"
Seine 30-jährige, überaus beanspruchende Tätigkeit als Olympiaseelsorger sei mit seinem ebenfalls fordernden Hauptberuf als Direktor im Don-Bosco-Gymnasium Unterwaltersdorf nicht mehr vereinbar, begründete Maier seinen Entschluss zum Rückzug. Er sei gerne bereit, seinen - noch nicht feststehenden - Nachfolger bestmöglich einzuführen und sein Aufgabenfeld "geordnet zu übergeben". Bei ihm selbst habe das nicht geschehen können, da sein Vorgänger Fritz Pechtl 1982 völlig überraschend im Alter von erst 41 Jahren an einem Gehirnschlag starb.
"Ohne einen Tugendkatalog definieren zu wollen", sei mit Spitzensportseelsorge doch ein bestimmtes Anforderungsprofil verknüpft, sagte Pater Maier: Neben Sportbegeisterung und ausreichenden zeitlichen und finanziellen Ressourcen müsse der "Neue" sicher die menschlichen Qualitäten eines "leidenschaftlichen Seelsorgers"
mitbringen, der über Kontaktfreudigkeit, Geduld und Frustrationstoleranz verfüge. Denn anfangs werde man sicher nicht "mit offenen Armen empfangen und hofiert", meinte Maier. Auch er selbst habe die Erfahrung gemacht, dass Vertrauen langsam wachse.
Dass dies in vielen Bereichen und in zahllosen Begegnungen mit Sportlerinnen und Sportlern gelang, bewertet der Salesianer als größten Pluspunkt im Rückblick auf seine "Olympia-Zeit". Bei den Spielen herrsche sehr viel Hektik und Anspannung, man habe nicht viel Zeit zum Kennenlernen und für Einladungen zu Gottesdiensten.
Dennoch habe er als Priester dort intensiv wirken können, zog Maier eine positive Bilanz. Nach den Wettkämpfen gehe die seelsorgliche Tätigkeit aber weiter - auch wenn dies nicht so im Licht der Öffentlichkeit stehe. Etliche Sportler und Betreuer seien mit der Bitte um Sakramentenspendung an ihn herantreten. Im Laufe der Jahre hat Maier viele Taufen, Eheschließungen und Begräbnisse in Sportlerkreisen durchgeführt. Er habe auch stets versucht, so manche Enttäuschung "mitzutragen" und Trost nach Niederlagen, Kritik oder Verletzungen zu spenden.
Kinder brauchen mehr Bewegung
Angesprochen auf seine Unterstützung der Petition für eine tägliche Turnstunde meinte der Ordensmann, es gehe ihm dabei nicht in erster Linie um mehr Erfolge im Spitzensport. Sinnvoll für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen wären 30 Minuten Bewegung für Volksschüler, vier Turnstunden für Unterstufen-Schüler und drei für Oberstufen-Schüler.
Das wäre angesichts derzeit mangelnder Sportstätten und fehlenden Personals eine realistischere Variante als die tägliche Turnstunde, meinte der Leiter einer katholischen Privatschule. Maiers Ordensgemeinschaft, die Salesianer Don Boscos, würden nach dem Vorbild ihres Gründers Giovanni Bosco Sport und Bewegung großen Stellenwert beimessen.
(KAP)